Was macht man eigentlich am Montagmorgen um acht Uhr im Kinosaal? Genau: auf den Bundeskanzler warten. Denn auf den letzten Metern dieses Wahlkampfs hat Olaf Scholz heute einen kurzen Zwischenstopp in Kassel eingelegt. Bevor er von Kassel-Calden zum EU-Sicherheitsgipfel nach Paris aufbrach, um über die Zukunft des Friedens in Europa, über die Ukraine und über gemeinsame Strategien der europäischen Staaten in Bezug auf Trump und Putin zu sprechen, stellte er sich in Kassel im Cineplex-Kino aber erst mal anderen Fragen, die im Vergleich fast trivial wirken: Was macht die SPD gegen überbordende Bürokratie? Wie finden wir mehr Lehrer*innen für unsere Schulen? Wie können die Kommunen entlastet werden?
Natürlich ging es auch um wirklich ernste Themen: um Rassismus und den Jahrestag des Anschlags von Hanau. Um Trump und den aufkeimenden Rechtsextremismus und Populismus in Europa. Um die Frage nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht und ein AfD-Verbot.
Wir wissen ja alle, dass Olaf Scholz nicht als grandioser Rhetoriker bekannt ist, aber seine Antworten waren immer gut bedacht und empathisch. Besonders positiv fand ich, dass er eigentlich nie versucht hat, das Publikum mit einfachen Antworten abzuspeisen. Egal bei welchem Thema: ich hatte immer das Gefühl, dass er sich der Komplexität der Sache bewusst ist. Und seine Ausführungen wurden auch nicht langweilig. So wirklich überzeugen musste er das Publikum aber nicht. Die meisten Menschen vor Ort haben jedenfalls den Eindruck gemacht, dass sie sowieso die SPD wählen, oder sich sogar aktiv in der Partei engagieren. Und beim abschließenden Anstehen für das Selfie mit dem Kanzler war die Stimmung dann insgesamt sehr gelassen. Da konnte man für einen Moment den Ernst der politischen Lage mal kurz vergessen.
Noch sechs Tage, dann sind die Wahlzettel ausgefüllt und die Stimmen gezählt und dann wird hoffentlich etwas Ruhe in den medialen Zirkus eingehen, der den Wahlkampf der letzten Wochen so dominiert hat. Ich sage ganz bewusst hoffentlich, denn je nachdem wie das Ergebnis der Bundestagswahl ausgeht, könnte es ja ab Sonntag auch noch viel schlimmer und komplizierter werden.